Memelland & Kurische Nehrung (207 km)
Inspiriert durch diverse Fernsehbeiträge unternahmen wir vom 09.07. bis 16.07.2004 erstmalig eine durch "Mecklenburger Radtour" organisierte individuelle Radferntour im Baltikum - "Memelland & Kurische Nehrung".
Während des gesamten Reiseverlaufes gab es keinerlei organisatorische Probleme. Unterkunft und Verpflegung waren unerwartet gut. Auch die zur Verfügung gestellten ziemlich neuen Fahrräder mit gut funktionierender Narbengangschaltung bewältigten die mit unter schlechten Wege ohne Pannen. Allerdings waren die Streckenbeschreibungen der einzelnen Etappen nicht immer einfach umzusetzen. Die verwendeten KM-Angaben wären sicherlich sehr hilfreich gewesen, wenn auch ein KM-Zähler zur Radausstattung gehört hätte.
Einige Ortschaften verfügen über keine Ortseingangs- bzw. Ortsausgangsschilder. So war man sich mitunter ziemlich unsicher, auf dem rechten Weg zu sein. In solch einer Situation ist zusätzlich ploblematisch, dass gerade in den kleineren Ortschaften das Befragen der Einheimischen meist nur auf litauisch möglich ist.
Die EUR-Währung ist im Prinzip nicht einsetzbar, deswegen ist ein Umtausch in die landeseigene Währung unumgänglich.
Ännchen von Tharau (Klaipeda/ Memel)
Wegequalität & Verkehr
Die Beschaffenheit der Fahrradwege war sehr kontrastreich. Gerade auf den ersten Etappen entlang des Haffs führte der Weg auch über Landstrassen, die ausschliesslich aus Sand und Schotter bestanden. Überholte uns ein LKW, war nicht mehr die eigene Hand vor den Augen zu sehen. Gott sei Dank aber führten diese Abschnitte wenig Verkehr. Auf der Nehrung überwiegen die asphaltierten Fahrradwege, die allerdings lt. Planung noch nicht vollständig ausgebaut sind. So gibt es noch kleinere Abschnitte, die nur schiebend zu bewältigen waren. Landschaftlich ist der erste Streckenverlauf vergleichbar mit Mecklenburg-Vorpommern. Für die Nehrung gibt es keinen Vergleich. Dieses Gebiet ist einfach wunderschön und auch sehr abwechslungsreich.
Ännchen gab es wirklich
Simon Dach begegnete der Pfarrerstochter Anna Neander auf einer Fähre, so erzählt man sich. Er soll von ihrer Schönheit so betört gewesen sein, dass sie ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Als sie später den Pfarrer Johannes Portatius heiratete, schrieb Simon Dach ein Hochzeitsgedicht für sie.
Anna Neander führte 36 Jahre lang ein redliches Leben als Pfarrersfrau in Laukischken, dem heutigen Strankoe. Als ihr erster Mann Johannes Portatius starb, heiratete sie den Pfarrer, der die Gemeinde von nun an betreute. Doch lebte sie länger als er und heiratete zum dritten Mal einen Pfarrer. Auch der predigte in der gleichen Kirche.
Neringa (Juodkrante/ Hexenberg)
Die Entstehung der Nehrung - der Sage nach
Die Fischertochter Neringa hatte die Aufgabe, Seeleute vor den stürmischen Wellen der Ostsee zu schützen. Unter normalen Umständen wäre ihr das nicht möglich gewesen. Deswegen wurde sie zu einer Riesin und konnte so mit ihrer mächtigen Schürze genügend Sand herantragen und ins Meer kippen, dass die Wogen des tobenden Meeresgottes daran abprallten. Von da an konnten die Fischer am Haff ungestört ihrer Arbeit nachgehen.
Die Kurische Nehrung ist eine 0,4 bis 4 km schmale und 96 km lange Landzunge zwischen Ostsee und dem Kurischen Haff. Die nördliche Hälfte der Nehrung gehört zu Litauen, die südliche zu Russland.
Die wunderschönen Landschaft bietet breite weite Sandstrände, Wälder und am Haffufer grüne Schilffbuchten.
Während der russischen Besetzung von 1756-62 wurde der Nehrungswald radikal abgeholzt. Die Weststürme rissen die ungeschützten dünnen Pflanzendecken auf und verursachten so über 60 m hohe wandernde Sanddünen .
In den letzten 4 Jahrhunderten wurden 15 Dörfer von Wanderdünen verschlungen. Die daraufhin vorgenommene Aufforstung verhinderte, dass die Halbinsel völlig zur Sandwüste wurde.
Memelland
Vor der Zugehörigkeit des späteren Memellandes zu einem Staat waren die baltischen Stämme der Schalauer und Kuren dort sesshaft. Die Kuren (der Name bedeutet "schnell zur See") galten als die Wikinger der Ostsee. Die Schalauerburg Russ an der Memel war bereits damals Ausgangspunkt von Handels- und Heiratsbeziehungen mit Dänemark. Über die Nehrungen wurden auch Beziehungen mit Mitteldeutschland und zu den Goten unterhalten. Entlang der Flusswege gab es Beziehungen bis in den nördlichen Kaukasus, mit den Litauern im Osten und den Slawen im Süden. Der südliche Teil war durch prußische Stämme besiedelt. Nach der Eroberung des Umlandes und dem Festungsbau bei der Stadt Memel durch den Deutschen Orden wurde das Memelland etwa 1328 Teil des Ordensstaats und nach der Reformation dann Teil des Herzogtums Preußen. Mit dem Königreich Preußen kam es 1871 zum Deutschen Reich. Bereits vor dem 17.Jh. war die Urbevölkerung weitgehend assimiliert worden. Am Ende des 19.Jh. sprachen die Einwohner Ostpreußens zum weitaus überwiegenden Teil deutsch.
Die Grenze zwischen dem ostpreußischen Landesteil um die Memel und Litauen blieb von 1422 bis 1920 weitgehend unverändert (siehe auch - erste Strophe aus dem Deutschland-Lied des 19. Jahrhunderts : Von der Maas bis an die Memel ...).
Memelland 1936
Nach dem Ersten Weltkrieg trennte der Vertrag von Versailles das "Memelland" von Ostpreußen und dem Deutschen Reich ab - mit neuer staatlicher Zugehörigkeit zu Litauen. Es blieb unter autonomer deutscher Verwaltung - aber mit französischer Besatzung (Schutzherrschaft).
Im Januar 1923 ergriffen nationalistische Litauer und Freischärler die Macht in Kleinlitauen. Diese Annektion wurde in der Memelkonvention vom Völkerbund anerkannt; das Memelland erhielt damit Autonomiestatus innerhalb Litauens.
Wahlen im Memelland erbrachten hohe Stimmenanteile (etwa 80%) für die deutschen Parteien. Das führte 1926 zur weitgehenden Aufhebung der Autonomie per Kriegsrecht.
Im März 1939 wurde das Memelland nach intensivem Druck Deutschlands wieder Teil des Deutschen Reiches.
Mit dem Einmarsch der Roten Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges fiel Kleinlitauen unter sowjetische Besatzung. Es wurde der litauischen Sowjetrepublik angegliedert und bildet seit dem Zerfall der UdSSR den Hauptteil der litauischen Küstenregion. (Quelle : WIKIPEDIA)
Klaipeda (Memel) - Vente (Windenburg) (50 km)
Startpunkt unseres Rundkurses um das (halbe) Kurische Haff war das Hotel "Pajuris" - ca. 5 km nördlich von Klaipeda entfernt. Dieses Hotel ist ein typisches Konferenz-Hotel, in dem fast jeden Abend Feste mit Live-Musik stattfanden - Ruhe kehrte so gegen 03:00 Uhr morgens ein. Hier haben wir drei Nächte verbracht. Die anderen Hotels an unserer Radtour-Strecke waren ohne Beanstandungen. Die Route führte zunächst von Norden nach Süden quer durch Klaipeda über Rimkai (Karlsberg).
Trotz Tourenbeschreibung und Kartenmaterial war der richtige Ortsausgang äusserst mühselig zu finden. Anschliessend auf dem Weg nach Priekule (Prokuls) sind sehr beschwerliche Landstrassen aus Schotter und Sand und ohne jegliche Beschilderung zu bewältigen. Hier stellte sich uns massiv die Frage, "sind wir hier richtig ? ". Ungewiss und mit dem Gefühl, dass uns solch eine Strassen-Qualität vermutlich noch öfters begegnen wird, fuhren wir weiter, in der Hoffung, einen Ortskundigen zu treffen, der uns den rechten Weg weisen wird.
Eine weitere Herausforderung wurde das bereits o.g. Sprachproblem.
Ab Priekule waren die Fahrbedingungen wieder besser. Hier passierten wir den ehemaligen König-Wilhelm-Kanal, der 1863-73 von französischen Kriegsgefangenen erbaut wurde und von Klaipeda bis zu einem Memel-Seitenarm verläuft (parallel zum Haff).
Ab Kintai bis zum Tagesziel, dem Hotel " Ventes Turizmo Centras" auf dem sog. Windenburger Horn (eine spitz zulaufende Landzunge in das Kurische Haff), fuhren wir dann auf Asphalt. Vom Hotel aus unternahmen wir noch einen Abstecher zur Südspitze der Landzunge und besichtigten dort die beeindruckenden Netzanlagen und Einrichtungen einer Vogelwarte, in der Jahr für Jahr zigtausende Vögel eingefangen und beringt werden, sowie einen alten Leuchturm, von dem aus die Memelmündung gut einzusehen ist. Das relativ neue Hotel liegt ideal am Kurischen Haff. Zimmer, Halbpension und Service waren sehr gut.
Vente (Windenburg) - Nida (Nidden) (50 km)
Am nächsten Tag fuhren wir zunächst ein Stück der Strecke wieder zurück, um dann nach Minija (Minge) abzubiegen. Minija ist quasi ein Reihendorf mit 10-12 Höfen auf jeder Seite, deren Haupstrasse ein gleichnamiger Fluss ist. Die Bewohner beider Seiten können sich nur per Kahn besuchen.
Bis Selute (Heydekrug) sind dann ca. 16 km ausschliesslich auf Schotter und Sand zu bewältigen. Auf diesem äusserst unangenehmen Abschnitt wurden wir mehrfach durch Lastfahrzeuge total in Staub gehüllt. In Selute lohnt sich der Abstecher zu der gerade neu restaurierte Kirche. Ab Selute bis Rusne (Ruß) fuhren wir dann wieder auf Asphalt. Von Rusne bis zur Siedlung Uostavarios - entlang der Memel - radelten wir die letzten KM des Tages wieder auf Sand und Schotter. Im Hafen von Uostavarios mit Leuchturm wartete bereits das Motorboot "Admirolas", dass uns und die Räder über das Kurische Haff nach Nida übersetzte (ca. 1.5 Std.). Nida ist der größte und wegen seiner reizvollen Lage zwischen Ostsee und Haff, den grünen Wäldern und den mächtigsten Sanddünen in Europa auch der schönste Nehrungsort. Bedeutende Schriftsteller, Schauspieler und Maler hat dieser Ort seit eh und je magisch angezogen.
Zum Beispiel Thomas Mann war nach seinem ersten Besuch so beeindruckt, dass er sich in Nida ein Sommerhaus bauen lies, in dem er drei Sommer bis zu seiner Emigration lebte. Für Nida und Umgebung nahmen wir uns einen Tag Zeit. Wir besuchten dort das Thomas-Mann-Haus (Museum), unternahmen einen Abstecher zu der 1888 erbauten gotischen Backsteinkirche und dem direkt daneben liegenden Friehof, auf dem noch alte Kurengräber mit den sog. Totenbrettern zu sehen sind, wir wanderten zum Leuchturm auf den 51 m hohen Urban-Berg, zwischendurch genossen wir natürlich auch das erfrischende Bad in der Ostsee und erklommen den Gipfel der 60 m hohen Düne. Von der Düne aus hatten wir einen herrlichen Blick auf die Ostsee, das Haff und die Dünenlandschaft. In Nida verbrachten wir zwei angenehme Nächte in dem Hotel "Nerija". Besonders hervorzuheben war in diesem Hotel das sehr gute Essen.
Thomas-Mann-Haus (Museum)
Nida (Nidden) - Juokrante (Schwarzort) (30 km)
Auf der litauschen Seite der Kurischen Nehrung ist ein durchgehender Radweg geplant und auch schon teilweise realisiert. Ab Nidden bis Pervalka (Perwelk) hatten wir auch ideale Fahrbedingungen (17 km). Dann allerdings mussten wir uns durch den Sand kämpfen - alternativ hätte man besser die Auto-Straße wählen sollen. Während der Etappe bestehen mehrere Aussichtsmöglichkeiten mit Rundblick auf riesige Dünen, Haff und Ostsee. Auch gibt es entlang der Strecke immer wieder Bademöglichkeiten in der Ostsee. In Juokrante (Schwarzort)angekommen, besuchten wir zunächst den Holzskulpturenpark auf dem Hexenberg. Dort sind in einem recht großen Park über 70 mannsgroße Skulpturen aus Eicheholz zu bestaunen, die den Helden litauischer Märchen nachempfunden sind. Entlang der Hafenpromenade gibt es weitere 31 Steinskulpturen zu sehen. Die Nacht verbrachten wir im Hotel "Azuolynas".
Juokrante (Schwarzort) - Klaipeda (Memel) (27 km)
Klaipeda (Memel) - Palanga (Polangen) - Klaipeda (50 km)
Datum |
Start |
Ziel |
Strecke [lm] |
Bemerkungen |
10.07.2005 |
Klaipeda (Memel) |
Vente (Windenburg) |
50 |
Anreise mit Flugzeug und Bus |
11.07.2005 |
Vente (Windenburg) |
Nida (Nidden) |
50 |
ab Uostadvarios bis Nidden mit der Fähre |
13.07.2005 |
Nida (Nidden) |
Juokrante (Schwarzort) |
30 |
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14.07.2005 |
Juokrante (Schwarzort) |
Klaipeda (Memel) |
27 |
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15.05.2005 |
Klaipeda (Memel) |
Palanga (Polangen) |
50 |
und zurück |
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207 |
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Streckenverlauf :