Auf den Spuren des Blauen Reiters



Die Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“


I
nsperiert durch die wunderschöne Landschaft südlich von Murnau schufen Künstler wie Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, Heinrich Campendonk, August Macke, Alexej Jawlensky und Mariane von Werefin vor dem 1. Weltkrieg weltberühmte expressionistische Werke.
Kandinsky, Münter, Werefkin und Jawlenski wirkten in Murnau - ein paar Kilometer weiter, in Sindelsdorf haben sich Franz Marc und Heinrich Campendonk niedergelassen.
1911 gründeten die Künstler auf Initiative von Wassily Kandinsky und Franz Marc den Künstlerverein „Der Blaue Reiter“. Das Ziel war, mit den alten Maltraditionen der Akademien zu brechen sowie eine Plattform für eine „Neue Kunst“ und neue künstlerische Ausdrucksformen zu schaffen. Der Betrachter sollte emotional angesprochen werden und eine geistige Beziehung zur Natur assoziieren.


Kandinskys Malklasse in Kochel - 1902


Die expressionistische Ausprägung war von Künstler zu Künstler sehr unterschiedlich. Die Bilder von Wassily Kandinsky sind überwiegend abstrakt gestaltet - das Gegenständliche ist sehr verfremdet. Gabriele Münter dagegen malte ihr Leben lang darstellungstreu - aber in stark vereinfachten Formen. Franz Marcs bevorzugte Tiere als Motiv. In seinen späteren Werken löste er die Tiere in formelhafte Gestalten auf und schuf zusehends abstraktere Bilder. Ihnen allen war gemeinsam, dass einfache, klare und kräftige Farben genutzt und die Konturen kraftvoll dargstellt wurden - Lieblingsfarbe : blau.


In Anlehnung an die Lieblingsfarbe der Künstlervereinigung wird die Gegend südlich von Murnau auch "Das Blaue Land" genannt. Die Tourismus-Branche ist für diese Eingebung noch heute dankbar.




Radwandern "Auf den Spuren des Blauen Reiters"

Wo die Künstler malten und lebten ist mit Hilfe der Radwanderkarte "Auf den Spuren des Blauen Reiters" in drei Touren mit Sechsundzwanzig Mal- und Motivstationen nachvollziehbar. Zusätzlich sind Originalmotive in Murnau und Umgebung verzeichnet.
Die Radwanderkarte ist in der Tourist-Information Murnau erhältlich.



Eine Tour - 24,6 km - führt durch das Murnauer Moos, unterhalb von Mühlhabing. Es ist mit zweiunddreißig Quadratkilometern das größte zusammenhängende Moor Mitteleuropas. Ganz nah bei Mühlhabing steht auch das sogenannte "Ramsachkircherl" am Rand des Mooses. Diese wahrscheinlich älteste Kirche der Gegend beherbergt eine sagenumwobene frühchristliche Kirchenglocke.



GM - Ramsachkirche (1928)
Ramsachkirche
Ramsachkirche (Foto 2011)



Die Touren zwei und drei wurden von mir zusammengefasst - 51,9 km. Sie führt von Murnau zum ehemaligen Wirkungsort von Franz Marc nach Sindelsdorf, wo der Künstler 1910 in der jetzigen Franz-Mark-Straße 1 eine Wohnung und den Speicher als Atelier mietete. Die ursprünglich im Garten stehende Gartenlaube, in der angeblich der Name "Der Blaue Reiter" durch Marc und Kandinsky erfunden wurde, befindet sich seit 2008 ca. zweihundert Meter entfernt vom Haus, auf Gemeindegrund.



Gartenlaube, F. Marc
Gartenlaube von Franz Marc in Sindelsdorf (Foto 2012)

Von Sindelsdorf aus führt die Radtour rund ums Loisachmoos nach Benediktbeuern, über Ried bis nach Kochel, wo alles begann. In Ried am Kaminskiweg kaufte und bezog Franz Marc kurz vor Kriegsausbruch 1914 ein Haus, das er nur noch zweimal auf Fronturlaub besuchen konnte, bevor er 1916 in Verdun fiel. Paul Klee's „Föhn im Marc'schen Garten“ ist 1915 in „Haus Ried“ entstanden. In Ried malte auch Marianne von Werefkin 1912 das Bild „Kalkofen“.

Weiter führt die Radtour nach Kochel, wo sich 1902 der Kunstlehrer Wassily Kandinsky und seine Schülerin Gabriele Münter beim Landschaftsmalkurs näher kamen. In Kochel malte im Winter 1909 Kandinsky das Bild „Friedhof und Pfarrhaus“. Auch ließ hierher Frau Marc ihren Mann aus Frankreich überführen und bestatten. In Kochel befindet sich am Ortsende, in Nähe des Kochelsee's, das Franz-Marc-Museum.

Über Großweil und Ohlstadt ist schliesslich wieder Murnau erreicht.





Streckenverlauf :


Radtour Blaue Reiter



Motiv Maler Bild-Titel Entstehungsjahr Blickpunkt
         
1 GM Der blaue See 1934 Blick auf Mühlhabing im Moos
2 AJ Sommerabend in Murnau 1908/ 1909 am Erlet
3 GM Blick aufs Murnauer Moos 1908 Blick auf Bahnhaltepunkt Berggeist/Seeleiten
4 GM Paß - Straße im Winter 1935  
5 GM Der Blaue Berg 1952 (1908) Berggeist von der Einfahrt Seeleiten gesehen
6 GM Fischerhaus 1908 Fischerwirt in Seehausen von der Ferchenbachbrücke
7 GM Gänse in Seehausen 1910 etwa Dorfstr. 23
8 GM Häuser am See 1935 Blick zum Staffelsee beim Restaurant Trattoria Italiana in Murnau
9 WK Kirche von Froschhausen 1908  
10 WK Riegsee-Dorfkirche 1908  
11 GM Blick aufs Gebirge 1934 oberhalb von Gut Perlach
12 GM Landhaus 1908 Hagen, Am Kirchplatz 13
13 GM Gerade Straße mit weißem Haus 1910  
21 FM Hocken im Schnee 1911 Straße nach Kochel
24 PK Föhn im Marc'schen Haus 1915  
25 MW Kalkofen 1912 Ried Hauptstr., bei Gasthof Rabenkopf, Hinweisschild
26 WK Friedhof und Pfarrhaus 1909 Friedhof Kochel
27 GM Ramsachkirche 1928 Nähe Mühlhabing


Legende:

GM
Gabriele Münter  (1877-1962)

MW
Marianne von Werefkin  (1860-1938)

AJ
Alexey von Jawlensky  (1864-1941)

WK
Wassily Kandinsky  (1866-1944)

FM
Franz Mark  (1880-1916)

PK
Paul Klee  (1879-1940)




Museen / Wohnstätten
     
M1 Gabriele Münter Haus Murnau, Kottmüllerallee 6
M2 Schloss-Museum Murnau Murnau, Schloßhof 4-5
M3 Franz Marc Wohnung Sindelsdorf, Franz-Marc-Str. 1
M4 Franz Marc Haus Ried, Kaminskyweg
M5 Franz Marc Museum Kochel, Franz Marc Park 8-10



Gabriele Münter

1909 kaufte Gabriele Münter in Murnau ein Landhaus mit Garten, das sie im Sommer von 1909 bis 1914 zusammen mit Kandinsky bewohnte und das Dreh- und Angelpunkt der „Blaue Reiter“-Bewegung wurde. Damals war es das einzige Haus westlich der Bahnlinie. Die Murnauer tauften die Villa "Russenhaus". Nach der Tennung von Kandinsky kehrte sie erst 1928 wieder nach Murnau in ihr Haus zurück und wohnte dort - ab 1931 mit ihrem neuen Mann, dem Kunsthistoriker Johannes Eichner - bis zu ihrem Lebensende 1962. Das heutige Münter-Museum kann im Originalzustand, wie es quasi vor hundert Jahren aussah, besichtigt werden.


Münterhaus
GM 1931, Wohnhaus in Murnau

Gabriele Münter Museum (Foto 2010)




GM 1910, Murnau und Kirche

Murnau und Kirche (Foto 2012)



Übrigens ...

Auch Gabriele Münter und Wassily Kandinsky waren leidenschaftliche Fahrradfahrer. Mit Rad und künstlerischem Blick erkundeten sie die Oberbayrische Landschaft - und das ohne beschilderte Radwege oder GPS-Unterstützung. Per Rad besuchte auch W.Kandinsky seinen Freund F.Marc in Sindelsdorf, um die Kunstrevolution zu besprechen. Dazu muste er von Murnau aus, ohne Gangschaltung und Funktionswäsche, eine recht anspruchsvolle Strecke von ca. 15 km bewältigen.